18.Oktober: Treviso - Augsburg
Nach langen Tagen des Wartens und Packens war der Tag des Abschieds doch und viel zu schnell gekommen. Abschied von den Monaten des Sommers, der Freude, des Kummers und des Kampfes. Abschied von einem Abschnitt meines Lebens, den ich, im Vergleich zu anderen, nicht gerne hinter mir lasse. 20° und strahlender Sonnenschein bleiben zurück und es gibt vieles, das ich mitnehmen möchte. Was kann ich mitnehmen? Ein bißchen Lebensgefühl, ein bißchen Sprache und vielleicht auch ein bißchen Weisheit...
Die Schatten sind lang, das Laub ist bunt und an den Straßen werden Äpfel verkauft... Schon ist es Herbst und dabei gäbe es noch manches zu entdecken. Auch im Herbst wird gern gefeiert - Festa della Castagna, Festa della Maroni, Festa dell'Uva - alles findet im Vorbeifahren statt und drängt zum Anhalten und Verweilen. Die Fahrt durch die Alpen ist schön, in den Tälern scheint die Sonne, die Gipfel hängen in grauem Nebel, hier und da sieht man Schnee, ganz weit oben auf den Bergspitzen. Aber es gibt auch absonderliches zu entdecken. Das Trentino möchte gern frei sein: "Trentino libero" lese ich an einer Brücke. Wovon bloß? An einer anderen Brücke auf dem Brenner hängt ein Banner: "Sie betreten jetzt die französische Zone", auf Deutsch und Französisch... Viele Fragezeichen...
19.Oktober: Augsburg "Nütze die Zeit"
Es ist kalt und trüb, Nebel hüllt die nahe Kirchturmspitze von Herz Jesu ein und das Wetter vesucht Bleib im Bett! zu sagen, aber ich wage mich dennoch nach draußen. Da ich den ganzen Tag für mich habe, folge ich dem Spruch der Sonnenuhr an der Fuggerei und nutze die Zeit zur Besichtigung all dessen, was mir bisher entgangen war. So stehen Bert-Brecht-Haus, Fuggerei, Barfüßerkirche, Dom und St.Ulrich und Afra auf meinem Programm. In letzterer befindet sich im Altarraum ein mysteriöses Kunstwerk, das in keinster Weise zu Kirche und Altar paßt und mich ratlos macht. Es ist ein graulasiertes Kanu aus Holz und eine große Zahl grauer Teller aus Blech, die vor und im Kanu liegen... Ich bin verwirrt, frage nach und erhalte eine gedruckte Erläuterung, drei A-Vier-Seiten, nach deren Lektüre sich auch der Sinn - Protest gegen den Überfluß in der Welt - erschließt. Die Teller sind auch nicht aus Blech, sondern aus Blei, hochgiftig und zum essen denkbar ungeeignet... Meine letzte Station ist das Römische Museum. Hier habe ich übrigens Glück, man läßt Gnade vor Recht ergehen und ich erhalte auch ohne Studentenausweis die Ermäßigung. Ein kleines Museum in einer sehenswerten Kirche, einige wirklich beeindruckende Stücke und völlige Stille, denn ich bin die einzige Besucherin. Ein schöner Tag!!
20.Oktober: München
Ein wunderbares Geschick führt mich nach München, ich habe völlig unerwartet die Möglichkeit, die Marc-Ausstellung anzusehen. Fast hatte ich vergessen, wie Bahnfahren in Deutschland abläuft, jetzt weiß ich es wieder...
Als ich in der Touristeninformation nach dem Weg frage, wird mir empfohlen, eine Station mit der U-Bahn zum Königsplatz zu fahren. Es war nicht nur Geiz, der mich dazu trieb, nach einem Weg zu Fuß zu fragen, aber leider war der junge Mann zu weiteren Auskünften nicht bereit, stattdessen wurde mir empfohlen, einen Stadtplan zu kaufen...
Nach einer U-Bahnfahrt von ca. 30 Sekunden und einer kurzen Suche endlich Franz Marc! Herrliche Bilder, vor lauter Menschen fast nicht zu sehen. Außerdem ist die Ausstellung auf zwei Gebäude verteilt, meiner Ansicht nach nicht gerade ideal. Aber ich kann meine liebsten Gemälde sehen und bin glücklich...
21./22./23.Oktober
Wirklich wieder zu Hause: Schwerer Abschied, auspacken, Rechner anwerfen, Schreibtisch vollmüllen...
Kurz staunen über dies hier:
23.Oktober 4004 v. Chr. - Entsprechend der genauen Berechnungen des anglikanischen Theologen James Ussher wurde an diesem Tag, exakt um 14:30, das Universum von Gott erschaffen