Freitag, 9. März 2012

Der tägliche Ballast

Bei meiner gestrigen Lektüre von Sandor Marais Buch "Die Fremde", eines sehr merkwürdigen und verschlungenen Romans, der im Original "Die Insel" heißt, stieß ich auf eine Stelle (pardon, Charles Brauer, der vorlas, stieß auf diese Stelle), in der der tragische Held, Monsier Viktor Henrik Askenazi aus Paris (seines Zeichens 48-jähriger Professor für Orientalistik) auf dem Gipfel eines Berges (ich unterschlage bewußt jeglichen Handlungszusammenhang) seine Kleider ablegt und seine Taschen auslehrt. Was er dabei aus seinen Jacken-, Westen- und Hosentaschen zu Tage förderte, ist so ungewöhnlich, dass ich ein wenig darüber sinnieren möchte. Im Einzelnen handelte es sich um: Ein Schlüsselbund, eine Brieftasche mit Kleingeld, eine Brieftasche mit Briefen, Notizen und Banknoten, eine Brieftasche mit Eisenbahnkarte und Reisepass, eine zerbrochene Zigarre, einige zerknitterte Zigaretten, eine Hornbrille mit grünen Gläsern, ein Brillenetui aus Blech, ein goldener Bleistift, ein Füllfederhalter, ein halbverbrauchter Autobusfahrkartenblock von Paris, eine Schneiderechnung, 2 Stück komprimierte Tierkohle, ein Streicholz, ein Feuerzeug, ein Notizbuch, eine Nickelkostruktion (Pfeifenreiniger, Nagelfeile, Korkenzieher), ein Taschenmesser im Lederetui, ein Vergrößerungsglas, eine Eintrittskarte vom Britischen Museum in London, eine goldene Uhrenkette (ohne Uhr), eine Miniaturdose mit zwei Fotos, eine Zigarettenspitze aus Bernstein, ein Bleistiftstummel, ein ledernes Zugarettenetui, ein Revolverfutteral mit einer Kleiderbürste, einige französische und belgische Franc, eine elektrische Taschenlampe ohne Batterie.

Jetzt schau ich mal zum Vergleich in meine Bankräubertasche:
Schlüssel, Telefon, Geldbörse, MP3-Player, Uhr, Spiegel, Lippenstift, Puder, 2 Cremes, Desinfektionsgel, Notizbuch, Bleistift und viele, viele Taschentücher (für zwei kleine Schmutzfinken). Das war's im Großen und Ganzen. Aber ich bin eine Frau und ich habe eine Handtasche.


Igendwie mysteriös... Es sei mal dahingestellt, wozu Monsieur Askenazi all diese Sachen braucht, aber wie hat der Mann all diese Sachen untergebracht, ohne völlig verbeult auszusehen und ohne permanent zu scheppern und klappern?

1 Kommentar:

Anjutkas hat gesagt…

Das ist eine gute Frage:)

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